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Ostzonensuppenwürfel machen Krebs

oder

Solange wir keine Gerechtigkeit haben, müssen wir mit der Justiz vorlieb nehmen

Vorwort

Liebe Leser, es gibt keine Gerechtigkeit in dieser Welt. Diese banale Feststellung soll nur unterstreichen, dass das Recht bzw. die Juristerei nicht sehr viel mit Gerechtigkeit zu tun hat. Im besten Fall haben sich kluge Menschen lange Gedanken über ein Gesetz gemacht und es ist so auch beschlossen worden, im schlechtesten Fall hat es irgendein Lobbyverband diktiert. Die meisten Gesetze pendeln irgendwo zwischen diesen Extremen. Und selbst im Idealfall sind diese klugen Menschen von ihrem Zeitgeist beeinflusst und viele Gesetze überholen sich dann irgendwann. Und trotzdem weine ich meistens, wenn ein altes Gesetz durch ein neues Gesetz ersetzt wird, weil neuere Gesetze eher in die andere Extreme neigen. Als Beispiel sei hier mal das Bürgerliche Gesetzbuch genannt. Kluge Menschen haben dies am Ende des 19. Jahrhunderts durchdacht und haben vier Jahre (!!!) über ihm gebrütet. Sie haben sich dabei teilweise an Jahrhunderte alten Gesetzesnormen orientiert und herausgekommen ist ein in sich stimmiges und durchdachtes Gesetz. Dies geht so weit, dass man aus den Grundideen des BGB ableiten konnte (und immer noch kann), was in einer Norm stehen muss. Wer das beim Einkommensteuergesetz kann, dem sei hiermit Genialität und Wahnsinn zugleich bescheinigt.

Das BGB ist dann irgendwann reformiert worden und die Schuldrechtsreform wollte zumindest das Schuldrecht modern machen. Ob dies gelungen ist, sei nicht unser Thema, aber die Systematik ist doch ein Stück weit verloren gegangen.

Diese Gesetze sollen nun Gerichte „Im Namen des Volkes“ anwenden. Nicht nur, dass dieses „Im Namen des Volkes“ schon mehr als albern ist, weil dieses sowieso zu „kreuzigt ihn“ neigt, nein, Gerichte sind mit Menschen besetzt. Und Menschen haben Meinungen, Vorurteile, Wertvorstellungen und sehr subjektive Gedanken. Das hat mit einer objektiven Gerechtigkeit nur bedingt was zu tun, wie wir alle wissen.

Hinzu kommt, dass sich Jura im Strafbereich immer mit dem Täter und nicht dem Opfer beschäftigt, was häufig der Juristerei vorgeworfen wird. Das dies irgendwie nicht anders funktioniert und auch ein Täter ein Anrecht auf eine Resozialisierung hat (mal irgendwelche schlimmsten Straftaten ausgenommen), dies übersieht „das Volk“ gerne mal. Nur das Bestrafung ständig mit der Höchststrafe nach dem Gießkannenprinzip auch nicht wirklich sinnvoll ist, das wird in einer aufgeklärten Gesellschaft wahrscheinlich auch beinah jeder unterschreiben. Daher muss man immer eine Abwägung finden.

Wer jetzt noch nicht eingeschlafen ist, dem sei gesagt, dass der ganze Text sich sehr juristisch mit den Vorfällen von Freitag Abend beschäfigt. Er soll als Gegenpool verstanden werden zu Forderungen nach lebenslangen Stadionverboten, nach der Behauptung, dass mindestens 500.000 Euro Schadensersatz zu zahlen sind und anderen Schwachsinn, den die Bi äh Morgenpost schreibt. Vor ab aber:

MoPo geh kacken!

Ein wirklich unangenehmes Schmierenblatt aus unserer Heimatstadt hat vier Tage hintereinander seinen Titel mit dem Becherwurf von Freitag geschmückt. Das ist schon beinah unglaublich, denn gefühlt hat das Erdbeben in Japan nicht mehr vollständige Titelseiten bekommen. Wilde Spekulationen über die zu erwartende Strafe lösen sich mit Storys ab, die klingen, als ob ein Al Kaida Terrorist aufgeflogen ist. Wie bitte sonst soll man folgende Textpassage interpretieren? Zitat nach mopo.de:

„Randale im Stadion und bürgerliche Idylle? In der Gemeinde […] (Landkreis […]) lebt der mutmaßliche Becherwerfer in einer Doppelhaushälfte. Vor der Haustür: erste Boten des Osterfestes. Ein Porzellanhase sitzt neben der Fußmatte („Herzlich Willkommen“). Im Garten liegt Spielzeug. Die Nachbarin schüttelt den Kopf: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Stefan so etwas gemacht hat.“ Nur ein kleiner Totenkopfaufkleber auf dem Kleinwagen in der Einfahrt lässt vermuten: Inmitten dieser dörflichen Beschaulichkeit lebt ein St. Pauli-Fan“

Dazu folgende Feststellungen: Randale ist das albernste Wort der Fanberichterstattung. Darunter wird alles von dem Zünden eines Bengalos, über den Wurf eines Bechers, über die laute verbale Auseinandersetzung zwischen zwei Leuten bis hin zu einem geplanten Überfall von 400 Leuten alles gefasst. Sprich: Es sagt NIX aus und vermischt ganz unterschiedlich zu bewertende Tatbestände in einem Kuchen.

Weiterhin scheint es für die Autoren der Hamburger Morgenpost unfassbar, dass Fußballfans im Allgemeinen und St. Paulifans im Besonderen in einer „dörflichen Beschaulichkeit“ leben. Wir schlafen unter Brücken oder was? Dazu dann das passende Statement eines Nachbarns, was man auch immer bei Massenmördern einholt „Der ist doch ein ganz normaler Junge“ (Nebenbei einer der Gründe, warum ich nicht normal sein will.) und fertig ist der reißerische Artikel. Ob dies für einen mutmaßlichen (!!!) Täter angebracht ist, wage ich mal zu bezweifeln. Eine Identifizierung ist aufgrund der Ortsangaben auch noch ohne weiteres möglich und daher habe ich die Ortsangaben auch nicht mit übernommen.

Was mich grundsätzlich aufregt ist, dass mal wieder nur über Fans ausführlich berichtet wird, wenn es „Randale“ gibt. Vielleicht sollte man auch über die MoPo nur berichten, wenn sie endlich pleite geht. Den letzten Vorwurf kann man aber auch gegenüber allen anderen Zeitungen erheben.

Und juristisch?

Kommen wir nun aber weg von diesem Schmierenblatt und hin zu einer ganz anderen Frage. Was erwartet den Täter bei Überführung denn eigentlich? Nebenbei sehe ich das mit der Überführung erst als wirklich fest an, wenn dies von einem Gericht (bei allen Unzulänglichkeiten, siehe oben) rechtskräftig festgestellt wurde. Denn ob die Zeugenaussagen wirklich gerichtsfest sind, wird sich zeigen. Ihr könnt ja mal im Selbstversuch versuchen in einem dunklen Stadion auf den Platz zu gucken und zu registrieren, was euer Nebenmann macht.

Also was erwartet den Täter? Es gibt hier drei Baustellen: 1. Zivilrechtlich 2. Strafrechtlich 3. Sportrechtlich.

Sportrechtlich

Fangen wir mit dem einfachsten an: Sportrechtlich. Sprich Stadionverbot. Da gibt es eine Stadionverbotsrichtlinie, die gilt auch hier und die wird auch Herr Rauball nicht per Befehl von oben außer Kraft setzen. Diese sieht die Höchstdauer von drei Jahren für ein Stadionverbot vor. Punkt Aus Ende. Ob Hr. Rauball nun diesen Fall nutzen will, ob endlich das von ihm gewünschte lebenslange Stadionverbot einzuführen, weiß ich nicht. Der FC Bayern würde sich zur Zeit wahrscheinlich freuen. Das man auch hier dann über die Frage eines Rückwirkungsverbotes nachdenken müsste, ist eine andere. Das ich die Stadionverbotsrichtlinie per se als juristisch äußerst bedenklich ansehe, führe ich jetzt nicht weiter aus.

Hinzu könnte noch ein örtliches Hausverbot kommen. Dieses kann theoretisch erstmal unbegrenzt vergeben werden. Ob und inwieweit der Verein in der Vergangenheit von der Möglichkeit eines örtlichen Hausverbotes Gebrauch gemacht hat, ist mir nicht bekannt. Der einzig mir bekannte Fall ist Braunschweig, wo die erste Generation der Ultras seit Jahren örtliches Hausverbot hat.

Die Frage ist aber nun: Was ist nun eine angemessene Strafe? Wenn ihr die Aufregungsgesellschaft von heute fragt, dann würde die sagen: 3 Jahre und Hausverbot bis zum Tod. Nur ist das wirklich „gerecht“ oder sinnvoll? Konstruieren wir uns erstmal einen Sachverhalt:

Erstmal einen Becherwurf. Ich gehe nicht davon aus, dass man den Täter eine Absicht im Sinne von Zielen nicht unterstellen bzw. nachweisen kann. Man wird wahrscheinlich von einem sogenannten bedingten Vorsatz ausgehen können bzw. diesen beweisen können, d.h. es war nicht Ziel seiner Handlung den Linienrichter zu treffen, aber in Kauf genommen hat er dies schon. Das ist zwar juristisch schon Vorsatz, aber eben doch etwas anderes als zielgerichtetes Handeln. Die Folge ist ein Spielabbruch und ein mehr oder minder verletzter Linienrichter und ein bis zu diesem Zeitpunkt nicht feststehendes Urteil des DFB (Ergänzung dann unten im Text, der später entstanden ist). Ich gehe jetzt mal als Sachverhaltsannahme davon aus, dass der Linienrichter zwar einen riesigen Schrecken und blaue Flecke davon getragen hat, aber ab jetzt wieder seinem Job nachgehen kann und keine bleibenden Schäden davon getragen hat. Immerhin hat er schon wieder an der Linie gearbeitet, was hoffentlich für diese Annahme spricht und ihm auch zu gönnen sei. Ich gehe auch davon aus, dass unser Täter bisher nicht auffällig geworden ist und damit Ersttäter ist. Ich gehe davon aus, dass er ganz ordentlich Promille hatte. Diese Sachverhaltsannahmen seien fest für die weiteren Betrachtungen gemacht.

So und nun liebe Leser, lasse ich euch Gericht spielen. Wobei Gericht? So etwas hätte ein geordnetes Verfahren, es wären irgendwie Menschen mit einer gewissen Qualifikation vorhanden, hier sitzt im Notfall ein Sicherheitsbeauftragter und vielleicht noch ein Vorstand des jeweiligen Vereines und wenn sie nett sind hören sie das Fanprojekt an und dann gib Kanne. Bei uns als brütet nun der Brux über diesen Fall, teert aus Verzweifelung wahrscheinlich noch mehr seine Lunge und die Rosenfelds dieser Welt rufen viertelstündlich an, damit sie endlich die sofortige standrechtliche Erschi äh das lebenslange Stadionverbot auf die Titelseite heben können. Was also würdet ihr an Svens Stelle tun? Erstmal eine Rauchen? Gute Entscheidung. Für die Aufregung, schlecht für die Lunge. Und dann?

Ihr habt erstmal eine „gesetzliche“ (jaja ist kein Gesetz die Stadionverbotsrichtlinie) Bandbreite von 0 bis 3 Jahre (konzentrieren wir uns mal darauf) und ihr müsst in diese Bandbreite auch folgende Sachverhalte einordnen können:

1. A zündet einen Bengalo, Rauchtopf und/oder Böller. Dabei wird er zum ersten, zweiten, dritten Mal erwischt.

2. A und seine 20 Kumpels gehen nach dem Spiel los „Zecken klatschen“. Bei einer Auseinandersetzung werden sie festgenommen.

3. A wirft seinen gezündeten Feuerwerkskörper auf den Platz, trifft aber niemanden.

4. A ballert einem anderen Fan voll eine, weil der einen Schal des anderen Vereines trug, provozierte oder sich ausgiebig über das Tor seiner Mannschaft freute.

5. A schlägt bei dem Zecken klatschen einen Fan krankenhausreif oder im Affekt, nachdem dieser ihn das dritte mal als „dreckige Pauli Schwuchtel“ beschimpft hat.

6. A haut einen Nazi um und klaut ihm die Thor Steinar Jacke. Oder: Kein Nazi, sondern ein Ultra des anderen Vereines und klaut ihm seinen Gruppenschal.

7. A ist 17, 35, 45, 55, Alkoholisiert oder unter dem Einfluss von Drogen.

So und nun findet bitte für unseren geschilderten Sachverhalt eine angemessene Lösung! Ich beeinflusse euch? Vielleicht, aber dies sind alles Sachverhalte, die in den 18 Bundesligastadien jedes Wochenende passieren. Mal mehr, mal weniger, aber sie passieren ständig. So oder so ähnlich. Nun also ordnet unseren Fall dort ein. 3 Jahre Stadionverbot? Oder ist er so außergewöhnlich, dass Rauball Recht hat, dass man hier außerhalb des Gesetzes ein lebenslanges Stadionverbot verhängen muss? Ihr entscheidet!

Nein, ich gebe euch jetzt nicht mein Urteil. Denn dann würde ich euch beeinflussen. Und ob ihr es glaubt oder nicht: Ich halte Sven in diesem Bereich für ziemlich weise. Da wird nämlich schon eine Abwägung vorgenommen und die beinhaltet vielleicht auch, was straf- und zivilrechtlich den Täter erwartet bzw. was er bekommen hat.

Strafrechtlich

Es bleibt relativ einfach. (Erstaunlich, oder?) Wir sind hier bei unserer Sachverhaltsannahme (Vorsatz!) bei einer Körperverletzung, wahrscheinlich selbst bei einer gefährlichen Körperverletzung, wenn man den den Becher als gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Norm sehen will (diese juristische Abgrenzung würde jetzt jeden Professor und Student steil gehen lassen, ich spare sie mir jetzt mal. Ich halte die Einordnung als gefährliches Werkzeug für wahrscheinlich, aber nicht für zwingend). Dem Opfer ist nicht viel passiert. Ja, das klingt absurd, aber ein paar blaue Flecken und ein riesiger Schreck sind das eine, ein längerer Krankenhausaufenthalt, der bei dieser Art Straftat auch gerne mal raus kommt das andere. Der Schreck und der blaue Fleck ist schlimm genug, aber eben doch kein Beinbruch. Auch wenn das relativierend klingt. Ich würde sagen, die Staatsanwaltschaft stellt gegen Geldauflage oder ähnlichem nach § 153a StPO ein. Nur falls irgendein Politiker (ja Staatsanwaltschaften sind weisungsgebunden) sich als harter Hund profilieren will, kommt es zur Anklage, die Rosenfelds dieser Welt freuen sich, können noch ein paar Schlagzeilen machen und am Ende kommt wahrscheinlich eine Strafe im untersten Bereich des Strafrahmen (6 Monate bis 10 Jahre) raus. Und die Hamburger Presse hat am besten noch ihre „Skandal“ Schlagzeile.

Vielmehr ist das strafrechtlich nicht drin. Mal ganz davon ab, dass auch hier die oben zitierten Fälle ebenso alltäglich und einzuordnen sind. Nur in einen anderen Strafrahmen.

Zivilrechtlich

Und nun wird es für Juristen spannend. Für alle anderen wahrscheinlich endgültig nervtötend. Na liebe Jurastudenten: Grundsatz im Zivilrecht? Richtig! Wer? Von wem? Woraus?

Und hier haben wir zwei potentielle Leute, die etwas fordern und zwar der Linienrichter und unser Verein. Wer ist damit schon mal beantwortet. Von wem? Ist auch klar! Woraus? Das ist beim Linienrichter relativ schnell beantwortet. Für ihn ist allemal § 823 Abs. 1 BGB einschlägig. Der lautet in seiner vollkommenen Herrlichkeit:

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Körper verletzt? Können wir jetzt ohne große Diskussion einen Haken dran machen. Vorsätzlich oder Fahrlässig? Eines von beidem allemal. Widerrechtlich? „Das ist Sankt Pauli, du Arschloch“ ist wahrscheinlich keine Erlaubnis, daher muss man wohl auch von einer Widerrechtlichkeit ausgehen. (Und das war doch nun die eleganteste Leseempfehlung ever, oder?). „zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens“ meint soviel wie jeder Schaden, der durch die Handlung bedingt ist. Wichtig: „des daraus entstandenen Schadens“ kennt keine Obergrenze! Die besagten klugen Menschen, die das BGB erfunden haben, bauten da zwei Grundgedanken ein. 1. Es soll NUR der Nachteil ersetzt werden, der erlitten wurde, dieser aber auch VOLLSTÄNDIG, egal wie hoch das Verschulden ist . Sprich: Egal ob bösester Vorsatz oder leichteste Fahrlässigkeit, es ist immer der gesamte Schaden zu ersetzen. In der Welt des 19. Jahrhunderts konnte man sich schlichtweg den folgenden (nebenbei so ähnlich wirklich passierten) Fall nicht vorstellen:

Die Firma F liefert einen Satelliten. Wert 2,5 Milliarden Euro. Damit die Solarpanel nicht beschädigt werden, sind diese mit Transportschrauben gesichert, die vor dem Flug ins All durch Flugschrauben ersetzt werden müssen. Optisch unterscheiden sich beide Schrauben nur minimalst. Arbeiter A wechselt die Schrauben aus, notiert dies aber nicht im Protokoll. Arbeiter B bemerkt das Fehlen im Protokoll und tauscht die Schrauben erneut aus. Der Satellit startet und ist ein Totalschaden. Wert der Schrauben: 1 Euro.

Dumm gelaufen für A und B, oder? Haftpflichtversicherungen haben Obergrenzen und damit sind beide pleite. Auf ewig (warum => später). Okay, ja das Arbeitsrecht fängt dann an außergesetzlich zu korrigieren (Stichwort bis heute „gefahrgeneigte Arbeit“) aber die Menschen des BGB, die solche Folgen einfach nicht bedenken konnten, die haben da den Totalersatz reingeschrieben.

Aber an diesem Punkt können wir unsere Aufregung gleich wieder zurückfahren, denn Geschädigter ist der Linienrichter bzw. seine Krankenkasse. Also ein Krankenhausaufenthalt und eine Untersuchung, eventuell eine Wäsche und eventuell ein Hotelzimmer für die Nacht in Hamburg. Das summiert sich auf eine Summe, die nicht wirklich die Existenz unseres Täters zerstört oder der Rede wert ist.

Schmerzensgeld? Ja gibt es auch, § 253 Abs. 2 BGB spricht so schön von einer „billigen Entschädigung in Geld“. Diese wird in Deutschland eher gering ausfallen, da die Vordenker des BGB den immateriellen Schaden nicht wirklich als „schlimm“ ansahen. Die Eigentumsfixiertheit des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist auch hier (viel schlimmer noch im StGB) eingeflossen. Und das Prinzip, dass eben grundsätzlich nur das ersetzt werden soll, was verloren gegangen ist, begrenzt diese Norm zu einer Ausnahme und Ausnahmen sind zurückhaltend anzuwenden. „Punitiv Damage“ (frei übersetzt: „strafendes Schmerzensgeld“), was die Amerikaner gerne mal für heiße Kaffeebecher verteilen, kennt das deutsche Recht nicht. Noch viel schlimmer, es hält sie für gegen die öffentliche Ordnung verstoßend.

Haftpflichtversicherung? Bei dem von uns angenommenen Sachverhalt (Vorsatz!) und den Musterbedingungen, die im Internet verfügbar sind, gibt es keine Einstandspflicht. (Punkt 7.1. der Musterbedingungen des GDV Stand 2007). Auch eine „Flucht in die Privatinsolvenz“ hat der Gesetzgeber ausgeschlossen, der in § 302 InsO regelt, dass „Verbindlichkeiten aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen“ unter gewissen Voraussetzungen nicht der Restschuldbefreiung unterliegen. Kurz: Im Notfall zahlt man sein Leben lang.

Alles halb so wild hier, denn der Linienrichter als wirkliches Opfer (!!!)hat einen relativ geringen Anspruch.

Denn wir wollten ja noch einen zweiten Ansprüche suchenden betrachten. Den FC St. Pauli. Stellen wir erstmal ganz platt fest: Dieser ist vielleicht betroffen, aber nicht getroffen. § 823 Abs. 1 BGB? Na, da fliegen wir relativ schnell raus, denn sein Leben, seinen Körper, seine Gesundheit, seine Freiheit, sein Eigentum oder sein sonstiges Recht ist nicht betroffen. Dazu muss man vielleicht kurz erklären, dass sonstiges Recht ganz eng gesehen wird und nicht jede Position schützt, sondern nur sogenannte „eigentumsgleiche Rechte“.

An dieser Stelle kommen wir nicht weiter. Betrachten wir also das Vertragsrecht. In unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Ticketing ist dazu nix geregelt. Da ist nur der Fall der Ticketweitergabe geregelt und eine entsprechende Schadensersatznorm, aber die passt hier nicht. Sie wird zwar im Forum zitiert, ist hier aber nicht einschlägig.

Auch in der Stadionordnung findet sich nichts.

Und nun kommt das OLG Rostock (3 U 196/05; Vorinstanz LG Rostock 9 O 328/04; lustigerweise keine Revision zum BGH, obwohl im Urteil ausdrücklich zugelassen) ins Spiel. Dieses hatte 2006 über den Fall von drei Flitzern zu entscheiden, welche von Hansa Rostock auf die Strafe von 20.000 Euro in Anspruch genommen wurden.

Das OLG behilft sich bei der Suche nach einer Anspruchsnorm mit § 280 Abs.1 BGB und einer vertraglichen Nebenpflicht aus dem Ticketkaufvertrag. Wörtlich: „ihn verpflichtet, den Spielbetrieb nicht zu stören und das Spielfeld nicht zu stören“. Kurze Zeit später wird dies als allgemein Bekannt vorausgesetzt. Okay, kann man so machen, aber so ein bisschen klingt das ganze nach „Mist, es muss doch irgendwo was geben.“ Denn natürlich ist das eine Aushebelung der oben zitierten auf ganz bestimmte Güter beschränkte Schadensersatzpflicht. Und das in einem Ticketvertrag so eine Pflicht vertragliche Nebenpflicht ist, erscheint mir nicht so offensichtlich, wie es hier gemacht wird. Auch gerade weil hier noch der Vertrag zwischen Dritten (nämlich den Beklagten und der Stadionvermietungsgesellschaft) geschlossen ist. Dies sieht das OLG jedoch nicht als Problem an, da der Verein in die Sorgfaltspflichten eingeschlossen ist. (!) Das erscheint mir doch sehr konstruiert. Gerade wenn man es auf unseren Fall anwendet. Denn die Nebenpflicht ist dann niemand anderen durch einen Becherwurf zu verletzen und dadurch den Spielablauf zu stören. Klingt wie ein klassisches Aushebeln von § 823 und der eingeschränkten Schadensersatzpflicht und ist es aus meiner persönlichen Sicht auch so. Aber das OLG Rostock (und die sind Experten) hat so entschieden.

Man merkt in der weiteren Urteilsbegründung jedoch, dass das OLG Angst vor der eigenen Courage hatte. Die Frage vor der das OLG Rostock nämlich nun stand war, ob denn die Verbandsstrafe wirklich noch ein zu ersetzender Schaden wäre. Es führt dazu folgendes weiter aus:

„Die Vertragsverletzung des Beklagten war ursächlich für den dem Kläger durch Zahlung der ihm vom Sportgericht auferlegten Geldstrafe entstandenen Schaden.

Zwar bestand das Ziel der Verurteilung darin, den Kläger zum Schutz der Schiedsrichter und der Mannschaften zu angemessenen Sicherheitsbemühungen zu veranlassen, dies zu bewerten und zu kontrollieren. Mit diesem Anliegen ist nur begrenzt zu vereinbaren, dass der vom Sportgericht bestrafte Verein die Strafe auf Dritte abwälzt, denn der Präventivzweck wird in aller Regel nur erreicht, wenn der Bestrafte die verhängte Strafe selbst erleidet und nicht Dritte, mögen diese auch Veranlasser sein, auf Ersatz in Anspruch nimmt.“

Man höre und staune! Ich denke viel dazu muss ich nicht sagen. Aber klar ist: Das Sportgericht will nicht den Zuschauer bestrafen und bemisst seine Urteile ja auch nicht an seinem Verhalten und seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten, sondern an denen des Vereines und an dem Vorverhalten des Vereines. Daher muss man hier natürlich starke Bedenken bekommen, warum eine Übertragung möglich sein soll.

Es rettet sich dann aber in folgende Ausführungen:

Diese Erwägungen berühren indessen nicht die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung des Beklagten für den Schaden des Klägers. Zweifelsfrei haften die Zuschauer nach allgemeinen Regeln für Sach- und Personenschäden, die sie auf dem Spielfeld oder im Stadion anrichten. Es besteht kein Grund, Zuschauer, die den das Stadion nutzenden Verein schädigen, von der Haftung für die Vermögenseinbußen zu befreien, die dieser infolge ihres vertragswidrigen Verhaltens erleidet.

Hmm und das obwohl das OLG selber den Grund gerade genannt hat. Und zwar: Was schert mich der Ordnungsdienst, wenn ich die Strafe einfach abwälzen kann? (Auf die Frage des Ergreifungsrisikos und des Insolvenzrisikos des Täters gehe ich bewusst nicht ein).

Und daher lässt sich das OLG eine sehr spannende Hintertür, die in unserem Fall nämlich noch interessant werden könnte. Es führt dann nämlich aus:

„Der Schaden des Klägers entstand nicht unmittelbar durch die Vertragsverletzung des Beklagten, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Umstände, nämlich durch die Verurteilung des DFB-Sportgerichtes. In solchen Fällen der mittelbaren Kausalität setzt die Ersatzpflicht voraus, dass der Zusammenhang des jetzt eingetretenen Schadens mit dem schädigenden Ereignis nicht so entfernt ist, dass ein Einstehenmüssen des Schädigers nicht mehr zumutbar erscheint. Es handelt sich nicht nur um ein Kausalitätsproblem, sondern es geht auch darum, trotz bestehender Ursächlichkeit aus Wertungsgesichtspunkten eine als zu weit gehend empfundene Haftung auszuschließen. Dabei ist es gleichgültig, ob man die Adäquanz der Kausalität verneint oder meint, ein allzu entfernter Schaden falle nicht mehr in den Schutzbereich der Norm (vgl. dazu MünchKomm-Oetker, BGB, 4. Aufl., § 249 Rdn. 112). Auch im Vertragsrecht ist anerkannt, dass die Ersatzpflicht davon abhängt, ob die verletzte Vertragsbestimmung den Eintritt gerade des eingetretenen Schadens verhindern sollte (MünchKomm-Oetker, aaO, Rdn. 117).“

Entscheidend ist folgendes: „Es handelt sich nicht nur um ein Kausalitätsproblem, sondern es geht auch darum, trotz bestehender Ursächlichkeit aus Wertungsgesichtspunkten eine als zu weit gehend empfundene Haftung auszuschließen.“ Das OLG will damit aus dem Prinzip leichteste Fahrlässigkeit = Haftung für alles aussteigen und sich ein Hintertürchen der Wertung (dem freien modellieren im Fall) offen halten. An welchen Maßstäben es diese Wertung vornehmen will, sagt das OLG vorsichtshalber nicht und sieht in seinem Fall damit auch kein Problem. Soll es an der Höhe des Schadens liegen? (So wie es formuliert ist, würde ich sagen: Nein!) oder daran, wie weit entfernt der Schaden ist? Und wo soll da die Grenze liegen? Verbandstrafe ja! Auch noch entgangener Gewinn durch Platzsperre? (vielleicht) Forderungen von Dritten? (vielleicht eher nicht) Abstieg und der damit einhergehende Schaden? (wahrscheinlich eher nicht) Wir können nur spekulieren.

Das OLG hatte über einen Fall zu urteilen, wo es insgesamt um 20.000 Euro verteilt auf 3 Leute ging. Da kann ich über solche Punkte natürlich relativ elegant hinweg gehen, denn ich weiß: Egal was ich hier ausurteile, es wird den Beklagten nicht sein Leben lang unglücklich machen. Es wird zwar schmerzhaft, aber irgendwann wird er das bezahlt bekommen, wenn er einer normalen Tätigkeit nachgeht.

Das mag bei unserem Fall anders liegen. Ich habe leichte Zweifel an der in den Zeitungen genannten Summe von 500.000 Euro, welches ein Geisterspiel kostet, aber dazu führe ich später noch einmal aus. Hier nehmen wir diese Summe noch mal an. Und fragen uns dann, ob es eine zu weit gehende Haftung ist. Betragsmäßig sprechen wir dann über einen Betrag, den eine Privatperson in ihrem Leben nicht aufbringen wird. Und wir haben hier noch einen Zwischenschritt, denn die Verbandsstrafe führt dazu, dass der Verein (eventuell aus vertraglichen Verpflichtungen) aus eigener Entscheidung seine Vertragspartner entschädigt. Also noch ein Zwischenschritt. Ich kann mir vorstellen, dass hier ein Gericht auf der Suche nach einer Begrenzung aussteigen könnte. Sicher ist es nicht.

Das OLG Rostock hatte die Revision zugelassen, insbesondere auch im Hinblick auf die grundsätzliche Haftung. Ich habe eine BGH Rechtsprechung nicht gefunden.

Höhe des Schadens

Sind die angesprochenen 500.000 denn realistisch? Ich habe da so meine Zweifel. Warum? Weil Sachen, die so klar scheinen dies eventuell gar nicht sind. Fangen wir mit dem größten Posten an, mit der Rückerstattung der Eintrittspreise. In den AGB (deren Gültigkeit ich jetzt hier mal unterstelle, auch wenn man da gut und gerne Zweifel haben kann) ist nur folgender Fall geregelt:

„Wird eine Veranstaltung endgültig abgesagt und nicht wiederholt, so erhält der Ticketinhaber den Eintrittspreis gegen Rückgabe des Originaltickets bei der Vorverkaufsstelle zurück, bei der er das Ticket erworben hat.“

Endgültig abgesagt? Ein Geisterspiel ist das genaue Gegenteil davon. Es wird ja durchgeführt. Okay, da wird man wohl noch rüber kommen, auch wenn es die AGB gepflegt vermeiden „Veranstaltung“ oder den genauen Leistungsumfang einer Eintrittskarte zu definieren. Aber noch ein Ding für Winkeladvokaten: Der FC schließt in seinen AGB die Haftung für Dritte aus und will nur für seinen eigenen Vorsatz und seine eigene Fahrlässigkeit haften. Also Geisterspiel aufgrund von Vorsatz des Werfers? Keine Haftung gegenüber den Ticketinhabern? Weit hergeholt? Vielleicht, aber versuchen kann man es ja mal. Und eine Rückgabe des Ticketpreises ohne rechtlichen Anspruch ist definitiv kein Schaden!

Bei Dauerkarten würde sich weiterhin die Frage nach dem Wert des Nichtbesuches eines Spieles bei den Dauerkarten. 1/17? Wirklich? Ist das Recht ohne viel Generve zu dem Spiel gehen können nicht auch was wert und wird nicht durch den Nichtbesuch des einen Spieles reduziert? Noch einer für Winkeladvokaten.

Ähnliche Fragen muss man sich bei Sponsoren stellen, denn auch deren Pakete werden wahrscheinlich nicht 1/17 weniger wert, wenn in dem Stadion mal keine Zuschauer sind. Den Hauptsponsor kratzt das schon einmal nicht, den Bandenwerbenden auch nicht.

Die Caterer Gewinne zerreise ich alleine schon deswegen, weil Bremen mit hoher Sicherheit ein Nichtalkoholspiel wird und damit der beinah nix umsetzt.

Und das Insolvenzrecht?

Tja und nun gucke mal jeder Jurist in den Kommentar von Uhlenbruck zur InsO zu §302 und finde dort Randnummer 11. Und was steht da? Vorsätzliche Vertragsverstöße sind nur dann von der Restschuldbefreiung ausgenommen, wenn ein Rechtsgut des § 823 BGB verletzt ist. Und genau dies ist dem Verein gegenüber nicht der Fall. Sprich: Eine Privatinsolvenz mit Restschuldbefreiung ist möglich.

16 Kommentare

  1. Danke!

    Als Laie immer kompliziert, da überall durchzusteigen.
    Ich bin gespannt, auf den weiteren Verlauf inkl. eventueller Klagen des Vereins etc., einfach weil mich die ‚juristische‘ Distanz zwischen Handlung und Schaden (Spielabsage o.ä.?) interessiert…

    Was mir in der Diskussion oft so ein bisschen fehlt, ist dass es bei den kolportierten Unsummen ja eben nicht um ‚Strafe‘ bzw. Bestrafung des ‚Täters‘ geht, sondern um sozusagen ‚Wiedergutmachung‘.

    Wenn ich blöde gesagt fahrlässig ein Fahrrad kaputtfahre muss ich auch weniger zahlen, als wenn ich einen Porsche Cayenne kaputte…

  2. Nein das ist richtig. Das hat auch wenig mit Wiedergutmachung zu tun, denn wiedergutmachen muss man nur beim Opfer Linienrichter etwas. Blöde gesagt wäre es nebenbei billiger für den Täter geworden im Suff jemanden todzufahren. Das klingt brutal, wäre es aber wahrscheinlich. Und da kommst strafrechtlich auch kein Lebenslang bei raus…

  3. vielen dank für deine ausführungen.
    das recht ist schon kompliziert, unrecht aber auch.
    schön wenn da mal licht ins dunkel kommt.

    jens

  4. Armin Armin

    So scheisse ich das ganze Gewerfe etc. finde, was hier an Hetze betrieben wird, hat mit Journalismus nix zu tun.
    Mittlerweile bin ich weit mehr genervt von Journallie, Schiris, DFB & DFL, als vom eigentlichen Verursacher .
    Man kann ja nur froh sein, daß man selbst nicht mit so einem Scheiss wie dieser Kampagne konfrontiert worden ist, als man selbst mal in jungen Jahren irgendwelchen Mist gebaut hat.

  5. Joe Joe

    Sehr nett zu lesen – (studiere Jura…)

    Was ich nicht ganz verstehe: Falls die AGB den Fall eines Geisterspiels nicht (sachgerecht) erfassen und der Haftungsausschluss für vorsätzliches Verhalten Dritter unwirksam oder nicht einschlägig ist – dann käme man doch zur Ersatzpflicht nach den allgemeinen Normen im Falle der Nichtleistung, oder? Damit hätte man dann jedenfalls doch einen großen Schadensposten durch die Kaufpreisrückerstattung.

    Deine Betrachtungen bzgl. des wünschenswerten Strafmaßes und der Medienberichterstattung teile ich übrigens vollumfänglich. Das übermäßige Verdammen der Tat durch viele Zuschauer, ist m.E. ein schöner Beleg für bestimmte soziologische Annahmen zum Sinn des Konzepts Strafe. Zumal nach meiner Überzeugung min. einem Vierteil der Zuschauer potenziell Ähnliches hätte passieren können. (Bewusst passiv formuliert.)

  6. Joe: Du schriebst: „dann käme man doch zur Ersatzpflicht nach den allgemeinen Normen im Falle der Nichtleistung, oder?“

    Ja, wahrscheinlich, ich gebe zu, da irgendwann zu wischen, denn sonst sind wir bei 30 Seiten oder noch mehr. Nur da käme ja gleich die Frage: Was ist mit § 280 Abs. 1 S. 2.? Verschuldet der Schulder FC St. Pauli das Geisterspiel? Erstmal eine spannende Frage, finde ich. Denn das Verschulden des Becherwerfers wird man schwerlich zugerechnet bekommen. Aber ich würde – befürchte ich – den Rahmen sprengen, wenn ich das auch noch ausdiskutiere.

    Aber Recht hast du, auch diese Anspruchskette müsste man diskutieren.

  7. Joe Joe

    Ich will’s jetzt auch nicht unnötig vertiefen (andererseits: Dafür bieten sich die Kommentare ja an), aber warum sollte es beim Verschulden ein Problem geben? Das sind doch dieselben Zurechnungserwägungen, die auch den Grund bilden, warum der Verein durch den DFB überhaupt bestraft wird. Die DFB-Sportgerichtsbarkeit könnte ja im Prinzip auch – mit einigem Recht – sagen: Keine Strafe, weil keine Schuld; denn ein solches Handeln von Einzelpersonen ist faktisch nicht verhinderbar.

  8. Endlich mal ein Text der sich mit den juristischen Fragen des Vorfalls sachlich und verständlich und vor allem umfassend auseinandersetzt. Spannende Lektüre. Ich glaub ins Forum guck ich aus Selbstschutz besser nicht mehr 😉

    Danke!

  9. Sehr schöne Ausführungen, an einem ganz frühen Punkt würde ich aber schon zumindest meine erheblichen Zweifel anmelden: kann man einen Vorsatz wirklich so einfach annehmen? Den Becher hat er wohl eindeutig absichtlich geworfen, aber hat er auch diesen gezielt auf den Linienrichter geschmissen oder einfach nur „nach vorne“? Ohne entsprechende Aussage bzw. Zeugen, die einen gezielten Wurf auf den Linienrichter gesehen haben wollen (jetzt wird es absurd), wäre diese Frage nicht so eindeutig und rasch zu beantworten. Strafrechtlich zumindest würde ich hier nicht so rasch den Becher, äh, die Flinte ins Korn werfen. 😉

  10. @Joe zum Zweiten: Du hast wieder Recht, dass das DFB Gericht immer gerne damit argumentiert, dass der Ordnungsdienst nicht ausreichend sei (Verschulden). Und so wird er auch hier argumentieren. Nur ein Zivilgericht wird ja zu einer eigenen Bewertung angehalten sein und da stellt sich natürlich die von dir im zweiten Satz gestellte Frage, ob so etwas überhaupt verhinderbar ist, wenn man denn Getränke verkaufen darf in einem Stadion. Ich will ja gar nicht sagen, dass man kein Verschulden annehmen kann, aber aus meiner Sicht bedarf dieser Punkt schon einer gewissen Begründung und ist definitiv nicht sofort eindeutig. Und ich denke man kann gut auch anders argumentieren. Und hier müsste man wohl als Anwalt des in Anspruch genommenen einhaken.

  11. Kleinertod: Ich arbeite hier mit einer Fiktion und nehme den Vorsatz in Form des bedingten Vorsatzes einfach mal zur Vereinfachung an. Nein, man wird bei diesem Vorsatz definitiv argumentieren können und zwar in beide Richtungen. Ich habe das mal ausgeblendet, weil ich für die weiteren Ausführungen den stärkeren Vorwurf haben wollte.

    Und als Verteidiger würde ich hier auch das ganze Geschütz auffahren und anders argumentieren. 😉

  12. […] deutlich “humaner” umgegangen. Einige Beispiele der Berichterstattung lassen sich im Magischer FC Blog unter der Zwischenüberschrift “MoPo geh kacken” nachlesen, darüberhinaus bekommt man […]

  13. […] an die vielen Artikel über die Sportgerichtsbarkeit des DFB? (exemplarisch mal einer verlinkt: Hier)  Diese ist einfach zu spannend, um sie nicht zu kommentieren. Das jucken […]

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