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Tief im Westen

Tief im Westen,
wo die Sonne verstaubt
ist es besser,
viel besser, als man glaubt
Tief im Westen

Bochum also sollt unsere Saison abschließen. Die Stadt mit dem verklärenden Song, der hier eingangs zitiert ist und der zumindest im Stadion immer noch für ein Gänsehäutchen durchgeht. Auch weil sonst ja alle Lieder im Stadt- und Fußballkontext nie irgendwie Pathos, Verklärung und Überhypung beinhalten.

Abschluss heißt auch Sonderzug. Und Sonderzug heißt Motto. Und Motto ist dieses Mal „hässliche Trikots“. Auch ein bisschen in Erinnerung an die Bochumer 90er-Jahre-Hemden. Lustigerweise ehrt Bochum bei diesem Spiel genau die 97er UEFA-Cup-Mannschaft, welche genau diese Trikots damals trug. Ey Fanladen, das habt ihr doch von langer Hand geplant!

Der Zug ist also eine Ansammlung von 90er-Jahre-Trikots, Amateur-Plastiktrikots und anderen Scheußlichkeiten. Auch einige Trikots der lokalen Rivalitäten waren vertreten. Würden wir nun nicht machen, aber wenn jemand Spaß dran hat, dann ist das bei diesem Motto ja wohl absolut vertretbar. Nicht vertretbar ist es, wenn sich dann einige wenige Leute zur Fanpolizei berufen fühlen und Leuten in Lokalrivalentrikots deutlich machen, dass man dieses doch nicht ins Stadion zu tragen habe und man sonst „Stress“ bekomme. Ey, ne Leute, das geht gar nicht. Das ist kein Umgang innerhalb eines Sonderzugs.

Ansonsten ist die Stimmung gelöst und sonnig, die Verpflegung reichlich und die Fahrt schneller zu Ende, als man sich richtig hinsetzen konnte. Wir waren nämlich zu früh (!) in Bochum.

MagischerFC VfL Bochum vs. St. Pauli Mai 2017 Sonderzug
Verpflegung – alles wie immer

Am Bahnhof gibt es keine wirkliche Fantrennung, aber die Polizei besteht darauf, uns „zu unserer eigenen Sicherheit“ als geschlossene Gruppe zum Stadion zu bringen. Oh man, das ist so nervig. Bochum – St. Pauli ist ein Spiel mit ungefähr gar keinem Konfliktpotential. Hinzu kommt unsere relativ knappe Ankunftszeit, so dass nicht zu erwarten ist, dass nun durstige Horden durch das Bermudadreieck rennen würden. Aber trotzdem muss man da ein riesiges Aufgebot auffahren und die ganze Zeit filmen. Es nervt.

Genauso nervt es, wenn der Hausmeister (?) des Hauses, welches neben dem Gästeblock steht da mit einem komplett überhektischen Hund steht, der alle anbellt und er da unsinnig versucht, alle von seinem Privatweg fernzuhalten. Digga, wenn dir das so wichtig ist, dann mach Flatterband drum und rede mit der Einsatzleitung der Polizei. Aber mit einem Hund und als Motzki da eine Horde Fußballfans am durchgehen zu hindern, macht dir keine Freunde.

Freunde machen eher Dudes, die du sonst aus dem Fernsehen kennst. Am Bierstand vor dem Stadion gibt’s noch grau Vokuhilas und Jeansjacken. Pottenschön! Und auch im Fan-Miteinander ist die Stimmung sehr angenehm, was wirr so erleben.

Das Ruhrstadion ist wohl einer der Klassiker der deutschen Fußballkultur und immer noch eines der schönsten deutschen Stadien (wenn man auf Pinneberger Brutalismus steht, harrharr). Schön eng und unschön eng zugleich. Denn wenn der Gästeblock mal wirklich bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt ist, dann ist die Versorgungs- und Entsorgungslage echt grenzwertig. Nun gut, diese Pille muss man wohl schlucken, wenn man auf der anderen Seite ein altes, schönes Stadion haben möchte.

Offiziell etwas über 27.000 Zuschauer sorgen für einen stimmungsvollen Rahmen dieses Spieles um die goldene Ananas, äh die goldenen Fernsehgelder.

Du bist keine Weltstadt
auf deiner Königsallee
finden keine Modenschauen statt
hier, wo das Herz noch zählt
nicht das große Geld
wer wohnt schon in Düsseldorf?

Erstaunlich, wieviele Leute im Gästeblock bei Herberts „Bochum“ komplett textsicher sind. Zeigt auch, dass wir eine Fanszene der alten Säcke sind.

Während des Spieles präsentiert sich der Gästeblock dann äußerst sangfreudig. Unsere Ultras haben sich auf den nominellen Sitzplätzen postiert und treiben die Kurve an, der Rest singt fröhlich heiter und ohne Anspannung mit. Höhepunkt des Supports ist aber trotzdem das freie „I just can’t get enough“ in der Halbzeit und nach dem Spiel. Danke an die Bochumer Stadionregie, dass gerade in der Halbzeit eine Belärmungspause vorhanden war. Auch wenn die garantiert nicht geplant war.

MagischerFC VfL Bochum vs. St. Pauli Mai 2017 Stadion
Hier im Ruhrgebiet / feiern wir den Auswärtssieg

Was auffällt: Während Schalke seine UEFA-Cup-Helden letztes Wochenende mit riesiger Choreo und Jubel begrüßte, wird die Vorstellung der einzelnen Spieler und des Trainers hier in Bochum eher so beiläufig wahrgenommen. Weder viel Beifall, noch irgendein Spruchband, irgendeine Choreo. Keine Ahnung, ob es da Hintergründe gibt, es fiel nur auf.

Zum Spiel: Das frühe 0-1 kennen wir ja schon vom letzten Mal Bochum als Saisonabschluss. Bochum kann sich auch dran erinnern, dann die Hucke voll bekommen zu haben. Und auch heute drehen unsere Jungs das Spiel noch. Schön für Lenny, dass er noch seine Abschiedstore bekam. Lenny, egal wo du hin gehst, alles Gute und komm schnell wieder in alte Form.
Beide Mannschaften haben viele Chancen und hätte Schnecke nicht sein Torwart-Gen ausgepackt, würde Bochum noch den 2-2 Ausgleich schaffen, bevor dann ein Konter das Spiel entscheidet.

Auf der Bank des FC ist nebenbei mit Jakob Münzer ein Spieler, der eigentlich für die B-Jugend spielt. Eingesetzt wird er nicht. Das Interessante ist aber, dass Jakob Münzer als Geburtsdatum den 14.03.2000 angegeben hat. Auf Twitter kam mal als Frage auf, wann denn der erste Spieler aus dem Jahrgang 2000 im Profibereicht auf dem Platz stehen wird. Wenn man den FCSP von Sonntag als Maßstab nimmt, dann wird dies anscheinend nicht mehr lange dauern.

Fühlt ihr euch nach diesem Absatz gerade auch alle uralt?

Nach dem Spiel natürlich Glückseeligkeit und viel Gefeiere von Mannschaft, Lienen, Jansen und dem Umstand, dass wir 3. der Rückrundentabelle geworden sind. Was hätte alles sein können, wenn wir solche zwei Halbserien mal hintereinander spielen könnten?

Ohne weitere Analyse, aber seitdem wir 2011 abgestiegen sind, haben wir folgende Halbserien gespielt:

Saison                                                Hinrunde                                 Rückrunde
11/12                                                        36                                                26
12/13                                                        21                                                22
13/14                                                        28                                                20
14/15                                                        13                                                24
15/16                                                        29                                                24
16/17                                                        11                                                34
 

Was sieht man da? Wir schaffen keine zwei gute Halbserien hintereinander. Nur 12/13 waren wir sowohl in der Hin- als auch in der Rückrunde langweiliges Mittelmaß. Sonst haben wir immer eine gute Diskrepanz zwischen Hin- und Rückrunde. Das hat uns zweimal den Hintern gerettet, aber auch zweimal ein Hoffen auf mehr verhindert.

Es ist zwar eine alte Position in FCSP-Fankreisen, dass man ja gar nicht aufsteigen wolle. Aber wie jemand im Sonderzug sagt, so langsam wird die 2. Liga echt langweilig. Und zum Synonym der 2. Bundesliga und damit des nichtssagenden Mittelmaßes wollen wir irgendwie nicht werden. Nebenbei: In der ewigen Tabelle der zweiten Bundesliga fehlen uns noch 48 Punkte auf Platz 3 (zur Zeit Fortuna Köln). Aus den ersten 10 dieser Tabelle spielen nur Fürth und wir nächste Saison zweite Liga.

Ach ja: Glückwunsch an die grün-weißen Franken, die nach 63 Jahren (!) mal wieder vor ihrem lokalen Rivalen in einer Tabelle stehen. Wir mögen gar nicht nachgucken, wie lange es her ist, dass wir mal vor den Relegationsverweigerern aus dem Volkspark standen. Wenn ihr uns fragt, wäre es doch mal ein Ziel diesen Umstand zu ändern. Egal wie.

Zurück zum Zug, wo kräftig gefeiert wird. Die alkoholischen Getränke sind 90 Minuten vor Hamburg ausverkauft und am nächsten Morgen tauschen viele Menschen verkaterte, aber glückliche Nachrichten aus.

Damit ist auch die Saison 2016/2017 in den Büchern. Vielleicht schreiben wir noch einen tieferen Saisonrückblick. Vielleicht auch nicht. Vielleicht schreiben wir was zu Neuzugängen und Abgängen. Vielleicht auch nicht. Allemal werden wir beim G20 präsent sein.

Wir wünschen euch auf jeden Fall schöne Sommerferien. Meldet euch mal.

Abschließend vielleicht noch was zu unserer Trainerkonstruktion

Die Realität hat diesen Absatz überholt. Lesen Sie dazu unter diesem Link weiter.

 

Wir haben mit Olaf Janßen garantiert einen Co-Trainer, der vom fußballerischen Wissen Cheftrainerqualitäten hat. Und wir haben mit Ewald garantiert einen Trainer, der ganz vielleicht, ganz spekulativ seine Stärken nicht in der taktischen Analyse und dem modernen Fußballkonzept hat.

Jedoch: Man muss sich moderne Trainerstäbe immer zuerst als Team vorstellen. Wer da am Ende nichtssagende Pressekonferenzen gibt und den Titel „Chef“ vor sich her trägt, ist eher egal. Das sind keine Einmannshows, auch wenn man das in Deutschland immer noch glaubt. Wichtig wäre bei diesem Menschen, dass er a. gut in der Öffentlichkeit ankommt und b. vielleicht ein organisatorisches Geschick im Sinne von „Überblick behalten und delegieren können“ hat. Diese Beschreibung könnte ganz vielleicht auf Lienen zutreffen. Vielleicht sollte er bei Spielern auch noch eine Respektsperson sein? Könnte vielleicht auch klappen.

Und es ist wichtig, dass die Chemie zwischen allen handelnden Personen (und das sind bei uns mindestens fünf im Trainerstab) stimmt. Chef muss sich auf Co 1 wie auf Co 2 verlassen können, diese wiederrum auf den Torwarttrainer und alle auf den Athletiktrainer.

Daher: Wenn dies gegeben ist und alle ein bisschen ihr Ego hinten anstellen, warum soll man dann nicht so weiter machen?

Fehlt nur noch der dazu passende Sportdirektor. Nadel im Hauhaufen gesucht.

Ein Kommentar

  1. […] FC – Tief im Westen (Stelle anhand der Bilder grad fest, dass das meine Abteilkollegen und -kolleginnen waren. Vielen […]

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