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Wir sind die 1 %

oder

Der DFB will auch mal Blödsinn sabbeln

Vorwort

Liebe Leser, man denkt ja immer, dass es mit dem Papier der DFL sein Bewenden hat und man sich nur an diesem Schwachsinn abarbeiten muss. Uns folgend haben das viele Leute gemacht. Eine sehr umfangreiche Übersicht über die Leute, die es in braun-weiß getan haben, hat das Tödchen in seinem Blog veröffentlicht und pflegt die auch.

Überregional muss man wohl die neun Seiten von Union Berlin in den Himmel loben. Hier nimmt ein Verein (Präsidium, Wirtschaftsrat und Fans GEMEINSAM) nicht nur lobenswert deutlich Stellung, nein, die Argumente werden nahezu wissenschaftlich präzise präsentiert und befußnotet widerlegt. Das ist schon der Hammer. Also Leute: Lesen!

Nun aber zu unserem heutigen Thema

Bitte was?

Nun wollte der DFB aber nicht untätig bleiben und musste in diesem Überbietungswettbewerb der populistischen Papiere auch ein Erzeugnis auf den Markt werfen. Sein Papier bringt es dann aber nicht auf 33 marketingtechnisch perfekt ausgearbeitete Seiten, das Ganze kommt stattdessen als profaner 10-Punkte-Plan im Word-Dokument daher. Wir haben das mal als PDF online gestellt.

Liebenswert, kann man da ja beinahe sagen: Das ist noch ein Verband, amateurhaft und nicht so durchstrukturiert und kommerzialisiert wie die DFL. Aber da enden dann auch schon die Zuneigungen. Denn das Papier überrascht. Im negativen Sinne.

Ziel der Sportgerichtsbarkeit?

Da heißt es in Punkt 1 so schön:

1. Primäres Ziel der Sportgerichtsbarkeit ist nicht die Bestrafung von Vereinen, sondern die Ermittlung der verantwortlichen Täter, deren Bestrafung bzw. Inregreßnahme und die Verhinderumg zukünftiger Ordnungsverstöße. Dabei ist sie auf die Unterstützung und Mitwirkung der für die unmittelbare Spielorganisation verantwortlichen Vereine ebenso angewiesen wie auf die Mithilfe der 99% rechtstreuen Fußballfans in den Stadien.

Man lässt die Kinnlade automatisch vor Schreck nach unten fallen. Aber lösen wir uns mal von „Denunziantentum“ und anderen Worten, die einem sofort auf der Zunge liegen, sondern betrachten wir das ganze einfach mal juristisch.

Und da muss man gleich mal Erstaunliches feststellen. Wer auch immer das Papier wirklich ausgearbeitet hat, er kennt die Satzung des DFB nicht. Zitiert wird in der zugehörigen dpa-Meldung der Vizepräsident für Recht Herr Koch!

Denn diese regelt die Zuständigkeit (also das EINZIGE Ziel) der DFB-Gerichtsbarkeit. Man lese bitte § 42 der Satzung des DFB. Da steht etwas diametral Anderes. Und eine Änderung ist weder per Punktepapier noch per Order von Oben möglich. Es wird auch beim DFB eine satzungsändernde Mehrheit auf einem Bundesverbandstag notwendig sein.

Die Funktionäre des DFB regeln hier also etwas, was sie gar nicht dürfen. Dazu wäre – wenn überhaupt – die Basis des DFB über Verbandstage ermächtigt. Viel weiter kann man sich von der Basis nicht entfernen.

Sie vergessen noch etwas Anderes. Der DFB hat eine Gerichtskompetenz nur gegenüber seinen Mitgliedern. Punkt. Der DFB ist ein Vertrag. Und Verträge gelten nur gegenüber denjenigen, die ihn auch unterschrieben haben. Punkt. Ein Vertrag zuungunsten Dritter gibt es nicht. Dicker Punkt.

Kurz: Wenn der „Randalierer“ nicht Mitglied eines Fußballvereines ist, dann hat die DFB-Gerichtsbarkeit da kein Ziel, keine Kompetenz, Ende aus Micky Maus.

Und bereits damit kann man das Ganze eigentlich zusammenknüllen und in die Tonne werfen.

Pflicht? Welche Pflicht?

Punkt 2 beginnt ja eigentlich ganz nett:

“ 2. Geldstrafen gegen Vereine, Zuschauerteil- und -vollausschlüsse treffen in Anwendung des Prinzips der verschuldensunabhängigen Haftung in der Regel nicht nur die unmittelbar Schuldigen, sondern auch unbeteiligte Zuschauer und in Mithaftung genommene Vereine. Sie werden vielfach als ungerecht empfunden und sollen deshalb vor allem dann verhängt werden, wenn die Vereine ihrer Pflicht zur Tatverhinderung und Tataufklärung bzw. Täterermittlung nicht im gebotenen Maß nachgekommen sind.“

Zu Beginn denkt man ja: Hurra, sie sind zur Besinnung gekommen! Aber nein, sie meinen, die Vereine hätten eine Pflicht zur Tatverhinderung und zur Tataufklärung bzw. Täterermittlung. Woher kommt denn diese Pflicht? Also aus den Durchführungsbestimmungen des DFB anscheinend nicht, eine Suche findet zumindest das Wort „Täter“ nicht. Tataufklärung auch nicht.

Der geneigte Bürger wird nun denken, dass sich eine solche Pflicht vielleicht aus dem Gesetz ergibt. Und hier muss man ein entschiedenes „Jein“ als Antwort geben. Man MUSS zwar als Zeuge aussagen, wenn man denn als Zeuge benannt wird bzw. gefunden wird. Eine Pflicht zur aktiven Suche nach Zeugen oder Beweisen findet man jedoch im Gesetz nicht. (Ist ja auch eine klassische staatliche Aufgabe.)

Kurz: Hier konstruiert der DFB eine Pflicht aus dem Nichts. Ohne Grundlage, ohne Gesetz, ohne irgendwas.

In Punkt vier merkt der DFB beinah selber, dass da irgendwas nicht stimmen kann:

„4. Es ist Aufgabe und Pflicht der DFB-Rechtsorgane nach der Satzung von DFB und DFL, die Einhaltung dieser Vorschriften durchzusetzen und Verstöße konsequent zu ahnden. Sie bedürfen hierzu der Unterstützung vor Ort bei jedem Spiel. Wie bei FIFA und Uefa, sowie den meisten europäischen Spitzenligen seit langem üblich und bewährt sollten jetzt schnellstmöglich auch in den Bundesligen Spieldelegierte von DFB und DFL eingeführt werden.“

Eben Satzungen DFB, DFL und Spielvorschriften. Aber eine Gesetzgebung per Positionspapier ist auch im DFB nicht möglich. Und auch nicht sinnvoll.

Ob so ein Spielbeauftragter Sinn ergibt, vermögen wir nun nicht zu sagen. Mag sein, mag auch nicht sein. Wenn er z.B. ein gutes Hörgerät hat, mal rassistische Gesänge wirklich hört und aus Naki nicht Nazi macht, dann wäre er absolut begrüßenswert.

Gleichsetzungen sind Scheiße!

Dann verlässt den DFB wieder die Sinnhaftigkeit:

„5. Gewalt, rassistische oder diskriminierende Äußerungen oder grob unsportliche Verunglimpfungen stellen ebenso wie der Einsatz von Pyrotechnik schwerwiegende Verstöße gegen die Stadionordnungen dar, die keinesfalls toleriert werden dürfen. “

Mal ganz davon ab, dass Pyrotechnik gesetzlich (in den meisten Fällen) verboten ist und es dann etwas albern wirkt, da auf die Stadionordnungen zurückzugreifen, so ist es noch alberner, mal wieder den Eintopf der Fürchterlichkeiten zu rühren. Man muss endlich mal differenzieren, konkretisieren und auch angemessen reagieren. Es ist eben immer noch etwas Anderes, ob nun eine Masse im Stadion Affengeräusche macht, ein 1000-Mann-Mob Auswärtsfans jagd oder ob irgendwie relativ folgelos ein Bengalo brennt. Oh ja, man kann auch Letzteres doof finden. Aber verhindern tut man es nicht mit der Gießkannenbestrafung.

Reden können wir sehr gerne, aber wir wissen nicht worüber

Aber der DFB kann noch absurder:

„6. Die Einbeziehung von Fans und ihren Vertretern in die Diskussion der Verbände und Vereine über die Ausgestaltung von Stadionordnungen ist wichtig und wünschenswert. Gewalt, rassistische, diffamierende, diskriminierende oder verunglimpfende Äußerungen, sowie der Einsatz von Pyrotechnik stehen dabei jedoch nicht zur Disposition.“

Man möchte ihn erstmal anschreien. „WENN DAS DENN SO WICHTIG IST, WARUM HABT IHR ES TROTZ STÄNDIGER ANGEBOTE DER FANS NOCH NIE GETAN????“

Und dann lest ihr mal Punkt 5 und dann Punkt 6. Und noch mal. Fällt euch was auf? Der DFB will nicht nur die in Punkt 5 genannten Punkte nicht verhandeln. Nein, er will auch noch verunglimpfende und diffamierende Äußerungen nicht verhandeln. Sieht sie aber nicht als schwerwiegenden Verstoß? Sprich: Liebe Fans, wir reden mit euch, aber in unserer Vereinbarung wird stehen, dass ihr danach ein Tennispublikum seid.

Ihr habt ja wohl ’n Arsch offen?

Die letzten drei Punkte (Punkt 10 ist eigentlich kein Punkt, der musste da nur rein, damit man 10 Punkte hat) fassen wir mal zusammen:

„7. In Zusammenarbeit mit der Abteilung Sicherheit des DFB, den verantwortlichen Stellen des Ligaverbandes, der DFL und den betroffenen Vereinen soll der personell zu verstärkende Kontrollausschuss zukünftig noch mehr fallbezogene Maßnahmen erarbeiten, die die Durchsetzung der Ordnung und die Ermittlung der Täter in den jeweils betroffenen Stadionblöcken gewährleisten können und vom Sportgericht als Weisung oder Auflage in das Urteil aufgenommen werden.“

„8. Die Vollstreckung von neben Auflagen oder Weisungen verhängten Strafen (Geldstrafen, Teilausschlüsse, Vollausschlüsse) sollte wie bei der Uefa seit langem erfolgreich praktiziert ganz oder teilweise zur Bewährung ausgesetzt werden können. Die Möglichkeit von Bewährungsstrafen sollte deshalb in der Rechts- und Verfahrensordnung verankert werden.“

„9. Besonders strafmildernd sollte sich zukünftig bei Vergehen in den Tribünenbereichen die Ermittlung der schuldigen Täter auswirken. Dies eröffnet den Vereinen und den rechtstreuen Fans die Chance, mittels ordnungsdienstlichen Maßnahmen und Beiträgen zur Tataufklärung gravierende Strafen wegen Taten, die sie selbst nicht verschuldet haben, zu vermeiden oder zumindest abzumildern. Zugleich wird dadurch verhindert oder zumindest erschwert, dass sich die schuldigen Täter in der Masse rechtstreuer Fans verstecken können.“

Es fängt wieder gut an, denn etwas in der Rechts- und Verfahrensordnung zu verankern, in der sich zur Zeit nicht mal der Teilausschluss findet, ist richtig und auch ein Abbau eines vorhandenen und an dieser Stelle bereits breit kritisierten Demokratiedefizites.

Der Rest ist dann wieder hanebüchener Unsinn. Freundlich ausgedrückt. Wenn so ein Täter denn nun durch den heldenhaften Einsatz eines Vereines ermittelt wird, wann soll diese Milderung denn greifen? Nach einer rechtskräftigen Verurteilung durch Strafgerichte? Höre ich Zweifel in der Leserschaft? Die haben wir auch. Die Verdachtspraxis bei den Stadionverboten lässt auch hier Unschönes erwarten. Und dann haben die Vereine nur noch ein Ziel: Möglichst schnell einen Täter zu präsentieren. Einen MUTMASSLICHEN Täter. Ob er es wirklich war? Who cares? Und ob so ein Klima des „Wir müssen aber einen Täter präsentieren“ nun wirklich für eine friedliche Kurve sorgt? Ein Klischeefall (bitte, der ist natürlich konstruiert und Klischeeüberladen) Kutte A ist wie immer gut angetrunken in die Kurve gekommen. Da zündelt Ultra B oder C vor ihm. So genau erkennt er das nach seinen zehn Bieren nicht mehr. Er erinnert sich aber daran, dass sein Verein eine Strafe bekommt, wenn er jetzt nicht einschreitet. Er schreitet also ein, holt den Ordnungsdienst, verwechselt aber leider B, C mit D und zeigt diesen beim Ordnungsdienst an.

Nun liebe Leser, wie diese Geschichte ausgeht, könnt ihr euch selber stricken, oder?

Und das erstaunliche: Wir haben das Wort „Denunziant“ gar nicht in den Mund genommen. Es ist einfach Unsinn, Fans zu kleinen Hilfssheriffs machen zu wollen. Der geneigte Fußballfan ist eben emotional aufgeladen und hatte vielleicht auch sein Bierchen. Da sind Falschbeschuldigungen, Auseinandersetzungen über Falschbeschuldigungen und auch Zurechtweisungen vorprogrammiert.

Fazit?

In die Tonne damit. Wir sind die 1 %

5 Kommentare

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